Neues FINMA-Rundschreiben 19/2 «Zinsrisiken – Banken»
Die Folgen der ein Jahrzehnt zurückliegenden Finanzkrise und deren massiven Auswirkungen auf die Wirtschaft zeigen sich auch heute noch in Form des weiterhin anhaltenden Tiefzinsumfelds. Das Zinsengeschäft trägt zu ca. 40% zum gesamten Geschäftserfolg der Schweizer Banken bei. Für traditionelle Privatkundeninstitute liegt der Anteil sogar bei ca. zwei Dritteln. Für Vermögensverwaltungsbanken und grosse Universalbanken ist das Zinsengeschäft naturgemäss von geringerer Bedeutung.
Insgesamt besteht Bedarf, die derzeit im FINMA-Rundschreiben 08/6 verankerten und aus dem Jahre 2004 stammenden Basler Empfehlungen zu Zinsrisiken an die neueren Entwicklungen anzupassen. Dies ist durch eine Totalrevision dieses Rundschreibens erfolgt. Die Revision beinhaltet fortschrittlichere Ansätze und Methoden, die insbesondere im heutigen Tief- und Negativzinsumfeld zur Bewirtschaftung des Zinsrisikos unerlässlich sind. Auch die Anforderungen aus den Grundsätzen hinsichtlich der Governance und der Zinsszenariogestaltung wurden verändert. Das neue Rundschreiben basiert auf folgenden Grundsätzen:
- Grundsatz 1: Zinsrisikomanagement
- Grundsatz 2: Oberleitungsorgan
- Grundsatz 3: Risikotoleranz
- Grundsatz 4: Internes Zinsrisikomesssystem
- Grundsatz 5: Modellannahmen
- Grundsatz 6: Datenintegrität und Validierung
- Grundsatz 7: Berichterstattung
- Grundsatz 8: Offenlegung
- Grundsatz 9: Interne Risikotragfähigkeit
Im Anhang 2 sind zudem die 6 neuen Zinsschockszenarien und deren Parameter zu finden, welche auch für kleine Banken umzusetzen sind.
Zudem muss ein Rahmenkonzept für das Zinsrisikomanagement erarbeitet werden, welches unter anderem aufgrund der neuen sechs vorgegebenen Standardszenarien eine neue Limitensystematik enthalten muss:
- Anhang mit Begründung für die Angemessenheit der Standard-Zinsschockszenarien
- Anhang mit qualitativen Stressszenarien, bei denen von einer schwerwiegenden Verschlechterung der Erträge oder des Kapitals ausgegangen wird, um Schwachpunkte aufzudecken, die sich aus den Absicherungsstrategien und den möglichen Verhaltensreaktionen der Kunden ergeben
- Anhang mit Herleitung eines angemessenen internen Risikokapitals – insbesondere bei unterdurchschnittlicher Replikation und/oder hohem T2 Kapital
Im Bereich Zinsrisiken sieht die FINMA eine proportionale Umsetzung für Banken der Kategorien 4 und 5 vor, wie in Rz 15 festgehalten ist. Diese Banken sind in folgenden Bereichen von der Umsetzung bestimmter Vorgaben des Rundschreibens befreit:
- Prozess der Szenarioentwicklung (Rz 22, 23 und 26–30),
- Durchführung von quantitativen Reverse-Stresstests (Rz 31),
- Regelmässige Überprüfung von Modellannahmen (Rz 34),
- Validierung von Modellen und Daten (Rz 35–38) sowie
- Beurteilung der Risikotragfähigkeit (Rz 44). (Rz 34),
Diese Befreiungen sind primär durch die in kleinen Banken etablierten Verfahren, Modelle und IT-Systeme motiviert und nicht durch das Ausmass der Zinsrisiken. Banken der Kategorie 3, deren Netto-Erfolg aus dem Zinsengeschäft weniger als ein Drittel aller ordentlichen Erfolgsgrössen beträgt und in diesem Sinne eine geringe Zinsrisiko-Exposure haben, stehen im Sinne einer De-Minimis-Regelung die gleichen Vereinfachungen offen, wie sie für alle Institute der Kategorien 4 bzw. 5 gelten.