FINIG/FINIV und FIDLEG/FIDLEV: Neues Aufsichtsregime für Vermögensverwalter
Am 6. November 2019 erliess der Bundesrat die drei Ausführungsverordnungen zum Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG): die Finanzdienstleistungsverordnung (FIDLEV), Finanzinstitutsverordnung (FINIV) und Aufsichtsorganisationsverordnung (AOV). Diese Verordnungen treten zusammen mit den beiden Gesetzen am 1. Januar 2020 in Kraft. Bereits am 9. September 2019 orientierte das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) über wesentliche Änderungen gegenüber der Vernehmlassungsvorlage zur FIDLEV und FINIV (siehe auch unsere News vom 26. September 2019).
Mit diesen Gesetzen und Verordnungen werden unter anderem neue Pflichten für bankunabhängige Vermögensverwalter eingeführt – also für jene Vermögensverwalter, welche individuelle Portfolios verwalten. Für die jeweiligen Pflichten bestehen unterschiedliche Übergangsfristen. Kurz nach der Verabschiedung der Verordnungen organisierte die FINMA eine Informationsveranstaltung.
Dieser Beitrag geht auf die Auswirkungen der neuen Bestimmungen für bestehende, SRO-unterstellte Vermögensverwalter ein und zeigt dabei insbesondere den Bewilligungsprozess und die Übergangsfristen auf.
Neue Bewilligungspflicht für Vermögensverwalter
Vermögensverwalter, welche gewerbsmässig tätig sind, benötigen neu eine Bewilligung der FINMA. Zu diesem Zweck haben sie unter anderem folgende Bewilligungsvoraussetzungen zu erfüllen (nicht abschliessende Auflistung):
- Anschluss an eine Aufsichtsorganisation (AO): Die AO übernehmen die laufende Überwachung der Vermögensverwalter. Diese Überwachung umfasst die Aufsicht über die Pflichten gemäss FINIG und FIDLEG sowie die Aufsicht über die Einhaltung der Vorschriften nach dem Geldwäschereigesetz (GwG) – bis anhin eine Aufgabe der Selbstregulierungsorganisationen (SRO) nach GwG. Bei der Einreichung des Bewilligungsgesuchs bei der FINMA muss die Aufnahme durch eine AO nachgewiesen werden.
- Anschluss an eine Ombudsstelle: Die Ombudsstellen fungieren als Vermittlerinnen bei der Streitbeilegung. Vermögensverwalter haben sich neu einer vom Eidgenössischen Finanzdepartement anzuerkennenden Ombudsstelle anzuschliessen.
- Organisatorische Massnahmen: Organisatorisch gesehen muss ein Vermögensverwalter so aufgestellt sein, dass dieser jederzeit seine aufsichtsrechtlichen Pflichten, einschliesslich jene gemäss FIDLEG, erfüllen kann. Hierzu gehören unter anderem verschiedene Informations-, Prüf-, Dokumentations-, Rechenschafts-, Sorgfalts- und Transparenzpflichten. Das FINIG sieht seinerseits Bestimmungen in Bezug auf die Organisationsdokumente, Geschäftsführung, Governance und Auslagerung vor.
- Gewährserfordernis: Der Vermögensverwalter selber, sein Verwaltungsrat und seine Geschäftsleitung sowie seine qualifizierten Beteiligten haben Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit zu bieten und einen guten Ruf zu geniessen.
- Finanzielle Garantien: Vermögensverwalter haben die Mindestkapitalerfordernisse (CHF 100’000) und die Bestimmungen bezüglich Eigenmittel (mindestens ein Viertel der letzten Jahresrechnung, höchstens aber CHF 10 Mio.) dauernd einzuhalten.
- Risikomanagement: Alle wesentlichen Risiken der gesamten Geschäftstätigkeit sind zu definieren, bewerten, steuern und überwachen. Grundsätzlich hat das Risikomanagement unabhängig von ertragsorientierten Tätigkeiten zu erfolgen. Je nach Grösse und Geschäftsmodell des Vermögensverwalters sind Ausnahmen möglich.
Bei der Bewilligungserteilung verfolgt die FINMA einen risikobasierten Ansatz. Dabei berücksichtigt sie die Art und Anzahl Kundenbeziehungen, das Volumen der verwalteten Vermögen, die eingesetzten Anlagestrategien und Produkte sowie die Anzahl und Art der angebotenen Dienstleistungen. So sollte eine möglichst effiziente und angemessene Bewilligungsprüfung sichergestellt werden.
Vermögensverwalter, welche unsicher sind, ob ihre Tätigkeit als gewerbsmässig gilt und ob sie unter das FINIG fallen, haben die Möglichkeit, dies mittels schriftlichem Gesuch kostenpflichtig durch die FINMA abklären zu lassen.
Bewilligungsprozess und Übergangsfristen
Das Bewilligungsverfahren unter dem FINIG ist ein Prozess in drei Schritten:
- Selbstregistrierung und Meldung: Vermögensverwalter, welche neu eine Bewilligung der FINMA benötigen, haben sich innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten vom FINIG, d.h. bis spätestens am 30. Juni 2020, bei der FINMA zu melden. Diese Meldung hat der Vermögensverwalter direkt über eine Erhebungs- und Gesuchsplattform (EHP) der FINMA nach einer einmaligen Registrierung vorzunehmen. Diese Selbstregistrierung ist ab dem 1. Januar 2020 möglich.
- AO-Anschluss: In einem nächsten Schritt haben sich die Vermögensverwalter einer Aufsichtsorganisation (AO) anzuschliessen. Zu diesem Zweck füllt der Vermögensverwalter das EHP-Formular «Bewilligungsgesuch» aus und erteilt der AO die Berechtigung auf das Bewilligungsgesuch in der EHP. Das Bewilligungsformular enthält Fragen betreffend die Bewilligungsvoraussetzungen und verschiedene Dokumente. Die gleichen Angaben und Unterlagen sind so nur einmal zu erfassen und können sowohl für den AO-Anschluss als auch für die FINMA-Bewilligung (siehe Ziffer 3 unten) verwendet werden. Es ist kein zusätzlicher Bewilligungsprüfbericht nötig. Die bewilligten AO werden auf der Internetseite der FINMA veröffentlicht. Mit den ersten Bewilligungen von Aufsichtsorganisationen ist voraussichtlich im ersten Semester 2020 zu rechnen.
- FINMA-Bewilligungsgesuch und -prüfung: Nach Erhalt der Aufnahmebestätigung der AO reicht der Vermögensverwalter das vollständige Gesuch über die EHP spätestens bis am 31. Dezember 2022 bei der FINMA ein. Daraufhin prüft die FINMA das Gesuch und gibt eine erste Rückmeldung spätestens nach 20 Arbeitstagen. Die Kommunikation bezüglich zusätzlicher Informationen und/oder Dokumente erfolgt über die EHP. Sofern ein SRO-Anschluss vorliegt, kann der Vermögensverwalter seine Tätigkeit auch nach dem 31. Dezember 2022 bis zur Bewilligungserteilung durch die FINMA fortführen.
Für die Umsetzung der Verhaltenspflichten und organisatorischen Bestimmungen unter FIDLEG ist grundsätzlich eine zweijährige Übergangsfrist vorgesehen. Bis zum 31. Dezember 2021 sind die einschlägigen Bestimmungen gemäss geltendem Recht einzuhalten, darunter auch jene gemäss der von der FINMA als Mindeststandards anerkannten Selbstregulierung für Vermögensverwalter. Für die entsprechenden Prüfperioden erfolgt die aufsichtsrechtliche Prüfung nach den heutigen selbstregulatorischen Bestimmungen. Sollte ein Vermögensverwalter die neuen Bestimmungen unter FIDLEG bereits vor Ablauf der zweijährigen Übergangsfrist erfüllen wollen, hat er dies der Prüfgesellschaft (und der Selbstregulierungsorganisation) unter Angabe des gewählten Zeitpunkts unwiderruflich schriftlich mitzuteilen.
Zusammenfassend lassen sich die Übergangsfristen wie folgt festhalten:
- Ab 1. Januar 2020: Selbstregistrierung via EHP
- Bis 30. Juni 2020: Meldung bei der FINMA via EHP
- Voraussichtlich ab 1. Semester 2020: Anschluss an eine AO via EHP (die AO-Bewilligung steht noch aus, daher ist der exakte Zeitpunkt noch offen)
- Innert sechs Monaten ab Anerkennung einer Ombudsstelle: Anschluss an eine Ombudsstelle (die Anerkennung steht aus, daher ist der exakte Zeitpunkt noch offen)
- Bis 31. Dezember 2021: Einhaltung der einschlägigen Verhaltensregeln und organisatorischen Vorgaben gemäss geltender Selbstregulierung
- Ab 31. Dezember 2021: Einhaltung der einschlägigen Verhaltensregeln und organisatorischen Vorgaben gemäss FIDLEG (eine vorzeitige FIDLEG-Umsetzung ist der Prüfgesellschaft schriftlich und unwiderruflich mitzuteilen)
- Bis 31. Dezember 2022: Erfüllung der Bewilligungsvoraussetzungen unter FINIG und Einreichung des Bewilligungsgesuchs bei der FINMA via EHP