Corona-Krise: Worauf müssen Arbeitgeber achten?
Das Coronavirus hat die Schweiz mit voller Wucht getroffen. Um die Ausbreitung einzudämmen, hat der Bundesrat unlängst verschiedene Massnahmen angeordnet. So müssen unter anderem diverse öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Restaurants, Bars, bestimmte Einkaufsgeschäfte und Fitnesscenter mindestens bis zum 19. April 2020 geschlossen bleiben. Auch an den Schulen darf kein Präsenzunterricht abgehalten werden.
Nicht schliessen müssen beispielsweise Spitäler, Kliniken, Arztpraxen, Lebensmittelgeschäfte und Banken.
In der derzeitigen Ausnahmesituation müssen Arbeitgeber besondere Vorschriften beachten und geeignete Massnahmen ergreifen, um die Gesundheit ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen. Zudem stellen sich spezifische arbeitsrechtliche Fragen. Auf einzelne ausgewählte Punkte soll nachstehend in allgemeiner Form eingegangen werden. Aufgrund der täglichen Veränderungen und neuen Regelungen hat der vorliegende Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Folgenden wird der Leserfreundlichkeit halber die männliche Form verwendet. Es sind dabei aber stets sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint.
Vorschriften hinsichtlich der Hygiene und sozialen Distanz
Arbeitgeber, die nicht verpflichtet sind, ihre Einrichtungen zu schliessen, müssen dafür sorgen, dass am Arbeitsplatz die Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) betreffend Hygiene und sozialer Distanz umgesetzt werden.
Demnach sind Arbeitgeber insbesondere gehalten, persönliche Hygienemassnahmen, wie regelmässiges Händewaschen, am Arbeitsplatz für alle Arbeitnehmer zu ermöglichen. Zudem sollte nach Möglichkeit Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt werden.
Darüber hinaus sollen Mitarbeitende untereinander gegenseitig Abstand halten können, beispielsweise durch räumliche Anpassungen. Dort wo es möglich ist, sollten die Arbeitgeber Home Office erlauben und ermöglichen.
Im Weiteren ist es sinnvoll, wenn Arbeitgeber im Rahmen ihres Weisungsrechts anordnen, dass Arbeitnehmer, die krank sind, sich krank fühlen oder die bekannten Symptome aufweisen, nicht zur Arbeit am Arbeitsort erscheinen dürfen.
Umgang mit besonders gefährdeten Arbeitnehmern
Besonders gefährdete Arbeitnehmer müssen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten von zu Hause aus erfüllen. Ist dies nicht möglich, so muss der Arbeitgeber sie unter Lohnfortzahlung beurlauben.
Mehr als fraglich ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob eine ggf. abgeschlossene Krankentaggeldversicherung die Lohnfortzahlung in jenen Fällen deckt.
Als besonders gefährdete Personen gelten Personen ab 65 Jahren und Personen, die insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, Krebs.
Arbeitnehmer, die zu den besonders gefährdeten Personen zählen, müssen ihren Arbeitgeber durch eine persönliche Erklärung auf diesen Umstand hinweisen. Der Arbeitgeber kann ein ärztliches Attest verlangen.
Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers
Kann ein Arbeitnehmer nicht arbeiten, weil er krank ist, so muss ihm der Arbeitgeber während einer bestimmten Zeit trotzdem Lohn bezahlen. Eine Ausnahme besteht grundsätzlich in der Probezeit, während welcher der Arbeitgeber nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht arbeiten kann.
Hat der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, übernimmt diese im Krankheitsfall des Arbeitnehmers nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Karenzfrist die Lohnfortzahlungspflicht.
Arbeitnehmer, die am Coronavirus erkrankt sind und deshalb nicht arbeiten können, haben folglich grundsätzlich Anspruch auf Lohn, sofern sie nicht in der Probezeit sind.
Schickt der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bloss sicherheitshalber nach Hause, ohne dass eine Krankheit besteht, so schuldet der Arbeitgeber ebenfalls den Lohn. Sofern möglich, hat der Arbeitnehmer seine Arbeit von zu Hause aus zu verrichten. Solche Fälle sind grundsätzlich nicht durch die Krankentaggeldversicherung gedeckt.
Im Weiteren ist der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet, sofern der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz erscheinen kann, weil eine Behörde gegen den Arbeitnehmer eine Quarantänemassnahme verfügt hat. Auch hier dürfte die Krankentaggeldversicherung nicht einspringen, vorbehalten der Diagnostizierung einer tatsächlichen Krankheit beim Arbeitnehmer. Es empfiehlt sich deshalb, nach Möglichkeit Home Office anzuordnen.
Grundsätzlich keine Lohnfortzahlungspflicht besteht beim gesunden Arbeitnehmer, der nicht aus den Ferien zurückreisen kann, weil die Ausreise aus dem Feriendomizil verboten oder nicht möglich ist.
Ebenfalls keine Lohnfortzahlungspflicht trifft den Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer trotz der Regeln des BAG in ein Risikoland gereist ist und sich anschliessend in Quarantäne begeben musste. Hier kann es jedoch Sinn machen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Möglichkeit erlaubt, im Home Office zu arbeiten.
Im Weiteren schuldet ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Lohn, wenn der Arbeitnehmer bloss aus Angst vor Ansteckung der Arbeit fern bleibt. Dies gilt ebenfalls im Falle von Arbeitnehmern, die sich nicht an den Arbeitsort begeben können, weil das Angebot des öffentlichen Verkehrs reduziert wurde.
Hinsichtlich der Frage, ob eine Pflicht zur Lohnfortzahlung bei Arbeitnehmern besteht, die ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, weil deren Kita oder Schule geschlossen wurde, gehen die Meinungen der Juristen auseinander.
Die Lohnfortzahlungspflicht wird von einem Teil der Juristen mit folgender Begründung verneint: Nach der aktuellen Gesetzgebung setzt die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich voraus, dass der Arbeitnehmer einerseits unverschuldet und andererseits aus Gründen, die in seiner Person liegen, der Arbeit fern bleibt. Bei der Schliessung einer Schule oder einer Kita trifft den Arbeitnehmer zwar kein Verschulden, die Schliessung basiert aber nicht auf Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Zudem fällt die Schul- oder Kitaschliessung nicht unter das Betriebsrisiko des Arbeitgebers.
Befürworter der Lohnfortzahlungspflicht führen demgegenüber ins Feld, dass die Eltern aufgrund der elterlichen Sorge gesetzlich verpflichtet sind, ihre Kinder zu betreuen, wenn die Kita oder Schule ausfällt. Folglich trifft die Eltern, welche ihrer gesetzlichen Pflicht zur Betreuung der Kinder nachkommen müssen, kein Verschulden. Zudem liegt der Grund für das Fernbleiben von der Arbeit in ihrer Person als Eltern. Somit haben sie Anspruch auf Lohnfortzahlung, solange sie dieser Pflicht nachkommen müssen. Die Eltern sind jedoch verpflichtet innert drei Tagen eine Ersatzbetreuung zu organisieren.
Klarer ist die Situation beim Arbeitnehmer, der zu Hause bleiben muss, weil sein Kind erkrankt ist. Für diesen Fall besteht eine gesetzliche Regelung. Danach muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit Familienpflichten gegen Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses die zur Betreuung kranker Kinder erforderliche Zeit im Umfang bis zu drei Tagen unter Lohnfortzahlung freigeben. Aufgrund der Corona-Krise dürfte sich die Organisation der Betreuung momentan schwierig gestalten. Dies unter anderem, weil die Betreuung beispielsweise nicht durch über 65-jährige Grosseltern erfolgen sollte, weil sie zu den besonders gefährdeten Personen zählen. Folglich wäre es denkbar, dass die dreitägige Frist im Einzelfall verlängert wird.
Anordnung oder Verschiebung von Ferien
Der Arbeitgeber hat grundsätzlich nicht die Möglichkeit, aufgrund der Corona-Krise kurzfristig anzuordnen, dass ein Arbeitnehmer Ferien beziehen muss. Will der Arbeitgeber Ferien anordnen, so muss er dies frühzeitig im Voraus tun, damit der Arbeitnehmer entsprechend planen kann. Falls aus wirtschaftlicher Sicht eine betriebliche Notwendigkeit besteht, sollte der Arbeitgeber das Gespräch mit dem Arbeitnehmer suchen.
Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Verschiebung von bereits festgelegten Ferien, auch wenn diese Ferien zufolge nationaler oder internationaler Beschränkungen nicht am geplanten Ort abgehalten werden können. Will der Arbeitnehmer seine bereits eingegebenen Ferien verschieben, geht dies nur, wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist.
Demgegenüber hat der Arbeitgeber im Prinzip die Möglichkeit, seine Mitarbeiter zur Verschiebung bereits geplanter Ferien anzuhalten. Dies ist aber nur beim Vorliegen schwerwiegender Gründe rechtens, beispielsweise um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Bei sehr vielen Krankheitsabsenzen kann dies der Fall sein. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer diesfalls den entstandenen Schaden (z.B. Annullierungskosten) ersetzen.
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