Folgen einer missbräuchlichen Beantragung oder Verwendung eines COVID-19-Kredits
Aufgrund der COVID-19-Krise hat sich der Bundesrat am 25. März 2020 für Liquiditätshilfen in Form von Überbrückungskrediten für KMU ausgesprochen. KMU, welche aufgrund der COVID-19-Pandemie in Liquiditätsschwierigkeiten geraten, soll es möglich sein, unbürokratisch, gezielt und rasch einen COVID-19-Kredit in Höhe von bis zu CHF 500’000 bei einer Bank zu beantragen. Ein COVID-19-Kredit ist an verschiedene Bedingungen geknüpft, welche in der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung festgehalten werden.
Der vorliegende Beitrag soll summarisch aufzeigen, unter welchen Voraussetzung und für welchen Verwendungszweck COVID-19-Kredite bis CHF 500’000 von KMU bezogen werden dürfen und welche Konsequenzen den KMU bei missbräuchlicher Beantragung oder Verwendung drohen.
Voraussetzungen und zulässiger Verwendungszweck eines COVID-19-Kredits
Unternehmen, welche COVID-19-Kredite beanspruchen (nachfolgend Kreditnehmer), müssen in der COVID-19-Kreditvereinbarung verschiedene Zusicherungen abgeben. Unter anderem:
- dass der Kreditnehmer noch keinen anderen COVID-19-Kredit erhalten hat und keine anderen COVID-19-Kreditanträge hängig sind.
- dass der Kreditnehmer aufgrund der COVID-19-Pandemie hinsichtlich seines Umsatzes wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt.
- dass der Kreditnehmer den gewährten Kreditbetrag ausschliesslich zur Sicherung seiner laufenden Liquiditätsbedürfnisse verwendet.
- dass der Kreditnehmer den Kredit nicht für neue Investitionen im Anlagevermögen, die nicht Ersatzinvestitionen sind, verwenden darf.
- dass der Kreditnehmer während der Dauer der Solidarbürgschaft keine Dividenden oder Tantiemen ausschütten und keine Kapitaleinlagen zurückzuerstatten darf.
- dass der Kreditnehmer keine Aktivdarlehen gewähren und keine Privat- und Aktionärsdarlehen refinanzieren darf.
- dass der Kreditnehmer keine Gruppendarlehen zurückführen oder die Kreditmittel an eine mit dem Kreditnehmer direkt oder indirekt verbundene ausländische Gruppengesellschaft übertragen darf.
- dass der Kreditnehmer nur seit dem 23. März 2020 aufgelaufene Kontoüberzüge bei derjenigen Bank refinanzieren darf, die nach der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung verbürgte Kredite gewährt.
Der Kreditnehmer muss explizit erklären, dass seine Erklärungen und die gemachten Angaben vollständig sind und der Wahrheit entsprechen. Zusätzlich beschränkt sich der Verwendungszweck des COVID-19-Kredits ausschliesslich auf die Sicherung der laufenden Liquiditätsbedürfnisse des Kreditnehmers.
Konsequenzen bei missbräuchlicher Beantragung oder Verwendung
Gemäss der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung droht eine Busse von bis zu CHF 100’000, wer vorsätzlich mit falschen Angaben einen Kredit erwirkt oder die Kreditmittel verwendet für:
- die Ausschüttung von Dividenden und Tantiemen sowie das Zurückerstatten von Kapitaleinlagen;
- die Gewährung von Aktivdarlehen oder die Refinanzierung von als Aktivdarlehen ausgestalteten Privat- und Aktionärsdarlehen, mit Ausnahme der Refinanzierung von seit dem 23. März 2020 aufgelaufenen Kontoüberzügen bei derjenigen Bank, die den verbürgten Kredit gewährt;
- das Zurückführen von Gruppendarlehen;
- die Übertragung von mittels einer Solidarbürgschaft nach der COVID-19-Solidarbürgschaftsverordnung besicherten Kreditmitteln an eine mit dem Kreditnehmer direkt oder indirekt verbundene Gruppengesellschaft, die ihren Sitz nicht in der Schweiz hat.
Wird ein Kredit für einen unzulässigen Zweck verwendet, so sind die Organe des Unternehmens sowie alle mit der Geschäftsführung oder der Liquidation des Kreditnehmers befassten Personen persönlich und solidarisch für den Schaden verantwortlich.
Eine missbräuchliche Beantragung oder Verwendung eines COVID-19-Kredits kann gemäss Strafgesetzbuch (StGB) auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Insbesondere kommen in Frage:
- Betrug, welcher mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert werden kann;
- ungetreue Geschäftsbesorgung, welche mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert werden kann;
- Urkundenfälschung bzw. Falschbeurkundung, welche mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sanktioniert werden kann.
Wer einen COVID-19-Kredit missbräuchlich beantragt oder verwendet, setzt sich somit erheblichen strafrechtlichen Risiken aus.
Pflichten der Banken zur Erkennung missbräuchlicher Beantragung oder Verwendung
In der COVID-19-Kreditvereinbarung ist zwar vorgesehen, dass die Banken keine Pflicht haben, die vertragskonforme Verwendung des COVID-19-Kredits zu überprüfen, jedoch unterliegen Banken wie auch andere Finanzintermediäre strengen gesetzlichen Bestimmungen. Stellt eine Bank fest, dass ein COVID-19-Kredit aufgrund des Tatbestands des Betrugs oder mittels Urkundenfälschung erwirkt oder unter einer ungetreuen Geschäftsbesorgung verwendet wurde, so ist die Bank gesetzlich dazu verpflichtet, dies der Meldestelle für Geldwäscherei des Bundes (MROS) zu melden. Die MROS analysiert die Meldung der Bank und leitet diese an die Strafverfolgungsbehörden weiter, wenn sich der Verdacht erhärtet. In den letzten Wochen hat die MROS bereits verkündet, dass sie zahlreiche Meldungen von Banken, wegen missbräuchlich beantragten oder verwendeten COVID-19-Krediten erhalten und an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet hat.
Neben den gesetzlichen Meldepflichten hat die Schweizerische Bankiervereinigung Leitlinien zum Umgang mit COVID-19-Krediten für die Banken erlassen. Diese sehen vor, wie Banken mit missbräuchlichen Gesuchen umgehen sollen:
- Offensichtlich missbräuchliche Gesuche für COVID-19 Kredite sind von der Bank klar abzulehnen.
- Bei offensichtlichem Missbrauch oder Betrugsversuch sollen Banken vertragliche Sanktionen prüfen und gegebenenfalls eine Strafanzeige bei der zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaft erstatten.
- Wird eine Strafanzeige erstattet, sollen die Banken das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) informieren.
- Bei Missbräuchen, bei welchen die Banken keine Anzeige erstatten, sollen die Banken die Detailinformationen dem SECO melden.
Das Bankkundengeheimnis steht einer Anzeige an die Strafverfolgungsbehörde oder einer Meldung an das SECO nicht entgegen, weil der Kreditnehmer in der COVID-19-Kreditvereinbarung die Bank vom Bankkundengeheimnis entbindet.
Fazit
Eine missbräuchliche Beantragung oder Verwendung eines COVID-19-Kredits kann von einer Busse bis hin zu einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe führen. Die Strafverfolgung obliegt grundsätzlich dem Staat. Jedoch sind die Banken von Gesetzes wegen verpflichtet, eine Meldung zu erstatten, wenn Vermögenswerte aus einem Verbrechen stammen. Folglich darf davon ausgegangen werden, dass ein grosser Teil der missbräuchlich beantragten oder verwendeten COVID-19-Kredite nicht durch die Strafverfolgungsbehörden, sondern indirekt durch die Banken aufgedeckt werden. Zusätzlich laufen auch die Geschäftsleitung, der Verwaltungsrat, die Inhaber der Gesellschaft sowie weitere Personen Gefahr, dass sie im Missbrauchsfall straf- oder zivilrechtlich haftbar gemacht werden.
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