Pflicht zum Führen eines Verzeichnisses über die wirtschaftlich Berechtigten und Meldepflicht der Aktionäre
Das revidierte Geldwäschereidispositiv, welches am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, verpflichtet die Finanzintermediäre u.a. dazu, die wirtschaftlich Berechtigten mit der nach Umständen gebotenen Sorgfalt nicht nur festzustellen, sondern auch die erhaltenen Angaben zu verifizieren (Art. 4 Abs. 1 revGwG). Die Verifizierungspflicht bedeutet, dass die Finanzintermediäre sicherstellen müssen, dass die wirtschaftlich berechtigten Personen auch tatsächlich jene sind, die wirtschaftlich berechtigt sind. Damit eine Bank oder ein anderer Finanzintermediär eine Geschäftsbeziehung mit einer Firma eröffnen bzw. die Geschäftsbeziehung aufrechterhalten kann, ist die Verifizierungspflicht wahrzunehmen. In der Regel wird hierzu ein Aktienbuch oder ein Verzeichnis über die wirtschaftlich Berechtigten der juristischen Person einverlangt.
Kann der Kunde auf Einverlangen des Finanzintermediärs kein solches Verzeichnis über die wirtschaftlich Berechtigten vorweisen, so verletzt er seine gesellschaftlichen Pflichten, zur Führung eines Verzeichnisses über die wirtschaftlich Berechtigten, welche im Obligationenrecht (OR) festgehalten sind. In der Folge kann auch keine Geschäftsbeziehung zur Bank bzw. zum Finanzintermediär eröffnet werden oder eine bestehende Geschäftsbeziehung muss unter Umständen sogar beendet werden.
Im Nachfolgenden wird auf die Pflichten der Aktiengesellschaft eingegangen. Die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. Art. 790 ff. OR) sowie die Genossenschaften (vgl. Art. 837 OR) haben ähnliche Pflichten einzuhalten.
Pflicht zum Führen eines Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen
Als wirtschaftlich berechtigte Personen gelten jene Personen, die allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten (z.B. mittels Aktionärsbindungsvertag) Aktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwerben und/oder halten und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreichen oder überschreiten (vgl. Art. 697j Abs. 1 OR).
Die Aktiengesellschaften sind gemäss Art. 697l OR seit 1. Juli 2015 verpflichtet, ein Verzeichnis über die wirtschaftlich berechtigten Personen zu führen. Der Inhalt des Verzeichnisses basiert auf der Meldepflicht der Aktionäre (vgl. unten) und enthält mindestens den Vor- und Nachname sowie die Adresse der Personen, die aus vorgenannten Gründen als wirtschaftlich Berechtigte gelten.
Die Verletzung der gesellschaftlichen Pflicht zum Führen eines Verzeichnisses, also das nicht vorschriftsgetreue Führen oder eine gänzliche Unterlassung, gilt als Organisationsmangel der Gesellschaft und kann mit einer Busse bestraft werden (Art. 327a StGB). Die Verantwortung obliegt dem Oberleitungsorgan der Gesellschaft, welches sicherstellen muss, dass das Verzeichnis geführt und somit den gesellschaftsrechtlichen Pflichten Folge geleistet wird.
Aktiengesellschaften sowie weitere Firmen, welche ein solches Verzeichnis führen müssen, sind gut beraten, ihrer gesetzlichen Pflicht zum Führen eines Verzeichnisses der wirtschaftlich berechtigten Personen nachzukommen.
Meldepflicht des Aktionärs über die an den Aktien wirtschaftlich berechtigten Personen
Ein zentrales Ziel der Meldepflicht des Aktionärs über die an den Aktien wirtschaftlich berechtigten Personen ist die Schaffung von Transparenz bei juristischen Personen. Damit setzt der Gesetzgeber die Empfehlung der Financial Action Task Force um. Es soll zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung ersichtlich werden, welche natürliche(n) Person(en) an der juristischen Person wirtschaftlich berechtigt ist/sind.
Erwirbt eine Person allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten (Aktionär) Aktien an einer Aktiengesellschaft, obliegt dem Aktionär eine Meldepflicht über die an den Aktien wirtschaftlich berechtigten Personen, wenn er durch den Erwerb den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmrechte erreicht oder überschreitet. Die Meldung muss mindestens den Vorname, Nachname und die Adresse der natürlichen Person enthalten.
Vor dem Hintergrund, dass das Aktienbuch sowie das Verzeichnis über die wirtschaftlich Berechtigten aktuell geführt werden muss, ist der Aktionär verpflichtet innert drei Monaten jede Änderung des Vor- oder Nachnamens oder der Adresse der wirtschaftlich berechtigten Person zu melden.
Die Meldepflicht gilt auch dann, wenn eine juristische Person die Aktien einer Aktiengesellschaft erwirbt. Die erwerbende Gesellschaft (Aktionärin) muss der Aktiengesellschaft, an der sie sich beteiligt, alle natürlichen Personen als wirtschaftlich berechtigte Personen melden, die an ihr:
- direkt oder indirekt die Mehrheit der Stimmrechte halten;
- direkt oder indirekt über das Recht verfügen, die Mehrheit der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans an ihr zu bestellen oder abzuberufen; oder
- aufgrund der Statuten, der Stiftungsurkunde, eines Vertrags oder vergleichbarer Instrumente einen beherrschenden Einfluss auf sie ausüben können.
Gibt es keine natürlichen Personen, die mindestens eines der obengenannten Kriterien erfüllen, so hat die Aktionärin dies ebenfalls der Aktiengesellschaft zu melden (sog. Negativmeldung).
Wenn die Meldepflicht unterbleibt, dann ruhen die Mitgliedschaftsrechte des Aktionärs. Zudem kann der Aktionär seine Vermögensrechte, die mit solchen Aktien verbunden sind, erst geltend machen, wenn er seinen Meldepflichten nachgekommen ist und seine Vermögensrechte können zudem verwirken (Art. 697m OR). Zusätzlich kann das Unterlassen der Meldepflicht mit einer Busse bestraft werden (Art. 327 StGB).
Aktionäre, welche der Meldepflicht unterliegen, sind gut beraten, wenn sie dieser nachkommen. Andernfalls riskieren sie, dass sie z.B. nicht an der Generalversammlung teilnehmen können, keine Dividende ausgeschüttet bekommen oder gar mit Busse bestraft werden.
Pflicht zum Führen eines Aktienbuchs und Integration des Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen
Die Aktiengesellschaft ist zum Führen eines Aktienbuchs verpflichtet, in welches die Eigentümer und Nutzniesser mit Namen und Adresse eingetragen werden (Art. 686 Abs. 1 OR). Grundsätzlich kann eine Kombination der beiden Verzeichnisse (Aktienbuch und Verzeichnis über die wirtschaftlichen Berechtigten) vorgesehen werden. Die gesetzlichen Inhaltsvorschriften beider Verzeichnisse müssen sichergestellt werden.
Sowohl das Aktienbuch wie auch das Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten muss jederzeit von der Schweiz aus zugänglich sein. Der Verwaltungsrat oder eine vertretungsberechtigte Person mit Wohnsitz in der Schweiz muss Zugang zum Aktienbuch und zum Verzeichnis der wirtschaftlich Berechtigten haben.
Tags: Aktienbuch, Finanzintermediär, Meldepflicht